Herbstlichter
Gedanken zum Herbst des Lebens
Die Generation 60+ bewegt sich unvermeidlich auf ihren letzten Lebensabschnitt zu. Das Berufsleben neigt sich seinem Ende entgegen. Was kommt dann noch? Wie gut bin ich auf diesen Lebensabschnitt vorbereitet?
Mir kommt ein Kapitel aus den Weisheitsbüchern in den Sinn, im Buch Kohelet (Prediger), der umschreibt, wie die Realität im hohen Alter aussehen kann. Das Nachlassen der vitalen Kräfte wird auf bildlich, verhüllte Weise beschrieben:
“Denk an deinen Schöpfer in deinen frühen Jahren, ehe die Tage der Krankheit kommen und die Jahre dich erreichen, von denen du sagen wirst: Ich mag sie nicht”!
“…..am Tag da die Wächter des Hauses zittern, die starken Männer sich krümmen, die Müllerinnen (Zähne) ihre Arbeit einstellen, weil sie zu wenige sind….”.
…. doch ein Mensch geht zu seinem ewigen Haus, und die Klagenden ziehen durch die Straßen- ja, ehe die silberne Schnur zerreißt, die goldene Schale zerbricht, …. der Staub auf die Erde zurückfällt als das, was er war, und der Atem zu Gott zurückkehrt, der ihn gegeben hat. Windhauch, Windhauch, sagte Kohelet, das ist alles Windhauch”.
Es gilt die Angst, zu altern, die sich mehr oder weniger bei jeder(m) bemerkbar macht, zu überwinden und sich dieser Lebensrealität zu stellen.Doch bevor „die silberne Schnur zerreißt“, das Unvermeidliche eintritt, bleiben, bis ins hohe Alter unzählige Möglichkeiten, die “Früchte unseres Lebens ( Gal. 5/23) reifen zu lassen. „Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung“.
Es fällt auf, dass für diese „Früchte“ körperliche Kräfte keine bedeutende Rolle spielen.
Im günstigsten Fall nehmen wir diesen Lebensabschnitt als Zeit der Gnade entgegen. Nach dem Berufsleben müssen wir keine Leistungen mehr abliefern. Wir können Lernende bleiben, z.B. Hilfe anzunehmen. Entschleunigt kann diese Lebenszeit zur Reifezeit werden. Reife Früchte mögen, wie Lichter im Herbst des Lebens, zum “Vorschein” kommen.
Meine Gedanken kreisen um die Frage, worauf kommt es jetzt noch an? Gelingt es, die verbleibende Zeit zufriedenstellend zu gestalten? Bevor ich tot bin, einfach noch die Zeit „totschlagen“? Das kann doch keine Lösung sein.
Ich will die vielen Ratschläge von Experten vereinfacht zusammenfassen.
Nicht aufhören, hingebungsvoll zu leben. Außerdem vertrauensvoll und empfangend zu bleiben, denn “von selbst bringt die Erde Frucht”. So lese ich es heute in den Herrnhuter Losungen (23. April 2024) Markus 4,26-28:
“Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft und schläft und steht auf, Nacht und Tag: und der Same geht auf und wächst – er weiß nicht wie. Denn von selbst bringt die Erde Frucht”.
Der Weg (Jesus) ist das Ziel. Auf diesem Weg möchte ich bleiben. Immer weiter Samen aufs Land werfen, das ist unsere liebende Hingabe an die Welt. Tag und Nacht vergehen, und absichtslos und vertrauensvoll bleibend, wachsen und reifen Früchte – ohne Zutun. So möge das “Herbstlicht” brennen, bis die “silberne Schnur”, früher oder später, zerreißt.