Was ist rein und unrein? Wovon reinigt der "Winzer" die Rebe?
„Und er spricht zu ihnen: Seid auch ihr so unverständig? Begreift ihr nicht, dass alles, was von außen in den Menschen hineingeht, ihn nicht verunreinigen kann? Denn es geht nicht in sein Herz hinein, sondern in den Bauch, und es geht heraus in den Abort“. Damit erklärte er alle Speisen für rein. Er sagte aber: „Was aus dem Menschen herauskommt, das verunreinigt den Menschen. Denn von innen aus dem Herzen der Menschen kommen die bösen Gedanken hervor: Unzucht, Dieberei, Mord, Ehebruch, Habsucht, Bosheit, Arglist, Ausschweifung, Neid, Lästerung, Hochmut, Torheit; alle diese bösen Dinge kommen von innen heraus und verunreinigen den Menschen“ (Mark.7/17-23).
Kein Mensch vermag sein Herz selbst zu reinigen. Die Rebe soll am Weinstock (Jesus) bleiben (Joh. 15). Die beständige Übung in seiner Gegenwart offenbart dann auch, was unrein ist. Die dazu notwendige, reinigende und vergebende Kraft geht immer von Jesus (dem Weinstock) aus. Beständig praktiziert, könnte man dies auch Fortgang in der Heiligung oder Läuterung nennen, wie wir sie bei vielen Zeugen des Evangeliums finden können, z. B. Franz v. Assisi, Bruder Lorenz, Mutter Teresa, Gerhard Tersteegen, usw. Ihre Zeugnisse wurden sichtbar durch die Geborgenheit in der Gegenwart Gottes, wie dies von Jesus verheißen ist:
„Wenn ihr mich liebt, so werdet ihr meine Gebote halten; und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit, den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht noch ihn kennt. Ihr kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein. Ich werde euch nicht verwaist zurücklassen, ich komme zu euch. Noch eine kleine Weile, und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich: Weil ich lebe, werdet auch ihr leben. An jenem Tag werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch. Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer aber mich liebt, wird von meinem Vater geliebt werden; und ich werde ihn lieben und mich selbst ihm offenbaren (Joh. 14/15-21).
Ungereinigt, ohne Läuterung, ist, wie es bei Jakobus ausgedrückt ist, ein Mensch mit zwei Seelen. Die Eine von Gott gezogen, die Andere, gierig, dem Weltsinn folgend .Dieser Zwiespalt begünstigt Schwäche und Trägheit in der Beziehung zu Jesus. Damit uns diese wachstumshemmende Einstellung deutlich wird, finden wir dafür in der Schrift mehrfach die Bezeichnung von Ehebruch (Jakob 4,4-6)12.
Der Weg aber, wie Trägheit und Unfruchtbarkeit verschwinden, wird von Petrus (2.Petr.
1/3-10) so beschrieben:
„Da seine göttliche Kraft uns alles zum Leben und zur Gottseligkeit geschenkt hat durch die Erkenntnis dessen, der uns berufen hat durch seine eigene Herrlichkeit und Tugend, durch die er
uns die kostbaren und größten Verheißungen geschenkt hat“,
warum sind diese Verheißungen geschenkt?
„damit ihr durch sie Teilhaber der göttlichen Natur werdet,
die ihr dem Verderben, das durch die Begierde in der Welt ist, entflohen seid“:
Sind wir das schon?
„Eben deshalb wendet aber auch allen Fleiß auf und
reicht in eurem Glauben die Tugend
in der Tugend aber die Erkenntnis,
in der Erkenntnis aber die Enthaltsamkeit,
in der Enthaltsamkeit aber das Ausharren,
in dem Ausharren aber die Gottseligkeit,
in der Gottseligkeit aber die Bruderliebe,
in der Bruderliebe aber die Liebe!
Denn wenn diese Dinge bei euch vorhanden sind und zunehmen, lassen sie euch im Hinblick auf die Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus nicht träge und nicht fruchtleer sein. Denn bei wem diese Dinge nicht vorhanden sind, der ist blind, kurzsichtig und hat die Reinigung von seinen früheren Sünden vergessen. Darum, Brüder, befleißigt euch umso mehr, eure Berufung und Erwählung festzumachen! Denn wenn ihr diese Dinge tut, werdet ihr niemals straucheln. Denn so wird euch reichlich gewährt werden der Eingang in das ewige Reich unseres Herrn und Retters Jesus Christus“.
„von der Notwendigkeit der Reinigung zur Vereinigung“
v. Gerhard Tersteegen in „Weg der Wahrheit“
"Daß wir Sünder durch Christum wieder mit Gott ausgesöhnt wurden und durch sein Blut allein den freien Zugang zu IHM und zu seinem Reich haben, ist eine anbetungswürdige Gnade. Daß
wir aber auch den Verleugnungsweg gehen und mit leiden müssen (Römer 8,17), wenn wir mit verherrlicht werden wollen, wird dadurch keineswegs ausgeschlossen, sondern als eine unausbleibliche Frucht
und notwendige Folge mit eingeschlossen, zumal es doch unmöglich ist, daß die, die nicht reines Herzens sind, in der Zeit oder in der Ewigkeit Gott schauen können. Wer das leugnen wollte, würde
damit zu erkennen geben, daß er weder die Schrift wüßte, noch unser Erlösungswerk im Zusammenhang begriffe; daß er auch weder sich selbst, noch Gott, noch den großen Abstand der Unreinigkeit
von der Reinheit durch Erfahrung erkannt hätte. Es irren darum nicht allein die, die sich das Verdienst Christi und die Verheißungen des Evangeliums ohne Buße und Sinnesänderung zueignen und
eine solche selbstgewirkte Zueignung für den Glauben halten. Sondern auch die anderen bleiben vom Ziel zurück, die nach Erfahrung einiger Gnadenblicke oder auch wirklicher Vergebung ihrer Sünden
flugs meinen, nun seien sie auf einmal fertig und läge ihnen weiter nicht daran, als nur von ihrem versicherten Heil zu singen und zu sagen und dem Heilande Seelen zu gewinnen. Es ist wohl an dem,
daß, wenn eine bußfertige Seele des Reichtums göttlicher Barmherzigkeit in der Vergebung ihrer Sünden wahrhaftig teilhaftig wird, sie dann merklich spürt, daß sie, ihrer Sünden und Unreinigkeit
unangesehen, dennoch Hoffnung und Vertrauen zu Gott haben kann, und daß er ihr, anstatt der verdienten Strafe,, Gunst und Gnade widerfahren lasse. Allein, wenn sie mit ihrem Herzen in dieser Gnade
bleibt, so wird sie bald inne, daß diese kein vorübergehendes oder totes Ding ist, sondern eine lebendige und geschäftige Kraft, des Geistes Jesu, wodurch sie unterwiesen wird (Tit. 2,11.12), wie und
was sie zu verleugnen habe, und wie sie züchtig, gerecht und inwendig gottesdienstlich vor ihrem Gott wandeln und wegen der noch bevorstehenden großen Verheißungen (2. Kor. 7,1) sich reinigen müsse
von allen Befleckungen des Fleisches und des Geistes und ihre Heiligung vollbringen in der Furcht Gottes. Die aber, welche die Notwendigkeit einer gründlichen Reinigung und Heiligung nicht so
erfahren, haben Ursache zu zweifeln, ob sie richtig in der Gnade stehen und nicht zu entfremdet von dem, was in ihrem Herzen vorgeht, in den Tag hinein leben. Wir können und sollen nichts in eigener
Kraft tun, sondern die Gnade tut’s, der wir aber Raum geben und im Glauben gehorsam werden müssen. Und das erfährt auch die Seele unter solcher Arbeit und bei wachsendem Licht immer mehr, daß sogar
ihre besten Bemühungen und Mitwirkungen mit der Gnade nicht zulänglich sind, die tiefen Wurzeln ihrer Selbstliebe und den Abgrund ihres Verderbens auszurotten. Dazu muss Gott selbst noch
sonderlicher seine Hand anlegen, um diese fruchtbringenden Reben (Joh. 15,2) zu reinigen und solche Seelen auserwählt zu machen im Ofen des Elends (Jes. 48,10). Und so könnte man das, was
zuvörderst durch der Seelen treue Mitwirkung geschieht, ganz füglich eine wirksame Reinigung (1. Joh. 3,3), das aber, was von Gott, und zwar durch Leiden und mancherlei Versuchungen
(1. Petr. 1,6) vorgenommen wird, recht eigentlich eine leitende Reinigung nennen. Wird man durch erstere in etwas gereinigt von den Befleckungen des Fleisches, so fegt die letztere
den Schaum der Befleckungen (2. Kor. 7,1) des Fleisches und des Geistes aufs lauterste (Jes. 1,25) weg und ist laut der Schrift (2. Kor. 6,16.17) die notwendige und nächste Bereitschaft zur völligen
Innewohnung Gottes in uns .Nun ist es aber fern, daß solche Wege der Reinigung und der Vollendung unserer Heiligung dem alleinigen Bauen auf Christi Verdienst und pure Gnade sein könnten. Vielmehr
wird in und durch solche göttlichen Führungen die große Wahrheit immer mächtiger in den Seelen erhellt und verklärt von einer Klarheit zur andern, indem ihr das verdeckte Bauen und Stützen auf
sich selbst und auf alles, was im Geistlichen nicht auf Christus allein und sein Werk ist, immer tiefer aufgedeckt und weggeschmolzen und die Seele so zubereitet, sich immer gründlicher zu verlassen
und völlig in Christo erfunden zu werden (Phil. 3,9), da sie dann nicht mehr lebt (Gal. 2,20), sondern allein Christus in ihr. Fürwahr, wer durch einige Erfahrung die auf diese Leiden (1. Petr. 1,11)
in Christo hernach folgende Herrlichkeit erkannt hat, wird sich nicht lange wider diese heilsame Kreuzeslehre wehren, sondern sie gern mit zum Evangelium nehmen".