„Ich bin der wahre Weinstock…..“(Joh. 15,1)
„Ich BIN der wahre Weinstock“, dieses Zitat gehört zu den bekanntesten ICH BIN – Worten Jesu. Neben „ICH BIN das Brot des Lebens“, … „das Licht der Welt“, … „der gute Hirte“, ist „der wahre Weinstock“ ein einleuchtendes Bild für die Beschreibung des tiefen Sinnes menschlichen Daseins – Gott als Schöpfer und Vater zu erkennen, und diesem durch Hervorbringen von Früchten, die Ehre zu geben.
Bei verschiedenen Propheten ist zu lesen, dass mit dem Gleichnis vom Weinberg die wechselvolle Beziehung Israels und Judas mit Gott beschrieben wird. Auf dem nachstehend verkürzt zitierten Hintergrund wird klar erkennbar, warum sich Jesus selbst als der „ wahre“ (rechte) Weinstock bezeichnete.
Im Lied vom Weinberg, Jesaja Kap. 5
1 und bei Hosea Kap. 104 , geht es um einen Weinberg auf einer fruchtbaren Höhe mit edelsten Reben bepflanzt, der seine
Frucht brachte (Hos. 10/1). Je fruchtbarer der Weinberg aber war, desto mehr opferten die Pächter auf den Altären und betrieben Götzendienst. „ Ihr Herz ist geteilt“ (Hosea10/2), und “
die Reben, die Männer von Juda, brachten nur saure Beeren hervor“ ( Jes.5/2). Eine Ernte saurer Beeren erfreut keinen Winzer, und ist in diesem Zusammenhang der Ausdruck für den Ungehorsam der
sich unter den Männern von Juda breit gemacht hatte.
Ähnlich beschrieb es der Prophet Jeremia: „ Ich aber hatte dich als Edelrebe gepflanzt, du hast dich gewandelt, zum bitteren und wilden Weinstock“ (Jer. 2,21), und,
“die Priester haben das Wort des Herrn verworfen und ihre eigenen Gesetze gemacht“ (Jer. 8, 8), mit dem Ergebnis: „ …..will ich bei ihnen ernten, so sind keine Trauben am Weinstock“
(Jer. 8, 13).
Hier sind weitere Beispiele zu finden, wie sich die Verheißungen der Schrift im Leben Jesu erfüllt haben.
Neben dem Niedergang Israels, dem Weinberg, der zum Ödland wurde
(Jes. 5,6) gab es aber auch Hoffnung auf Widerherstellung bei einer Umkehr vom Ungehorsam, den die Ungerechtigkeit hervorgebracht hatte.
Dies kommt zum Ausdruck beim Propheten Ezechiel (18,17-22) über die Umkehr, und im Vers 2 der Hinweis, dass das Sprichwort: „die Väter essen saure Trauben, und den Söhnen werden die Zähne
stumpf“, nicht mehr verwendet werden sollte. Die Söhne waren nicht für die Taten der Väter verantwortlich, sondern die persönliche Verantwortung des Einzelnen für sein Tun, das
verantwortliche Handeln in der Gemeinschaft und vor Gott zählen. Bei Gott herrschte nicht Hoffnungslosigkeit, sondern Erbarmen und Gnade mit seinem Volk, wie dies vor allem im Buch vom Propheten
Jesaja zu finden ist. Daran anknüpfend predigte Jesus Umkehr und Versöhnung mit Gott dem Vater, in einer Zeit, als er, wie in den Wehe-Rufen zu lesen (Matth.23), erneut und hautnah den
Ungehorsam der Hohepriester und Gelehrten beobachtete und erfahren musste.
Noch früher als bei o. g. Propheten tauchte das Bild vom Weinstock in Psalm
80 auf. „Sorge für diesen Weinstock“, flehte der Psalmist, und prophetisch bittet er: „deine Hand schütze den Mann zu deiner Rechten, den Menschensohn, den du für dich groß und
stark gemacht.“ Geliebt und stark vor Gott dem VATER, jedoch angefeindet und verachtet von vielen Menschen, verkündete Jesus, der Menschensohn, das Königreich Gottes unter den Juden.
Wesenhaft und gegenwärtig offenbarte Gott für jeden, der bereit ist zu hören, in Jesus die personifizierte Weisheit, wie sie uns schon in den Apokryphen bei Jesus ben Sira (Jesus
Sirach), in Kap. 24 begegnet ist:
V17 Wie ein Weinstock trieb ich schöne Ranken, meine Blüten wurden zu prächtiger und reicher Frucht.
V19 Kommt zu mir, die ihr mich begehrt, sättigt euch an meinen Früchten!
V21 Wer mich genießt, den hungert noch, wer mich trinkt, den dürstet noch.
V22 Wer auf mich hört, wird nicht zuschanden, wer mir dient, fällt nicht in Sünde.
Den WAHREN Weinstock, als den Jesus sich sah, hatte dieser „Weinberg“ Israel nötig und das hat Israel und die Welt, das haben wir heute ebenfalls nötig.
Das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit wurde durch Jesus zuerst den Juden und später durch die Apostel den Griechen (Heiden) verkündet (Röm. 1,16). Die Versöhnung
mit Gott durch Jesu Botschaft und durch sein Leben läuteten eine neue Zeitrechnung ein, deren Dimension jedoch weit über das Zeitliche hinaus reichen sollte, denn dieser wahre Weinstock wurde
„umgehauen“. Jesus wurde hingerichtet, obwohl er unschuldig war.
Schon vorher deutet Jesus in einem weiteren Gleichnis dieses „weltbewegende“ Ereignis so an:
„Es war ein Hausvater (andere Übers.: Landbesitzer), der pflanzte einen Weinberg und
führte einen Zaun darum und grub eine Kelter darin und baute einen Turm und gab ihn an Weingärtner in Pacht. und zog außer Landes. Da nun herbeikam die Zeit der Früchte, sandte er seine Knechte zu
den Weingärtnern, daß sie seine Früchte empfingen. Da nahmen die Weingärtner seine Knechte; einen schlugen sie, den anderen töteten sie, den dritten steinigten sie. Abermals sandte er andere Knechte,
mehr als das erste Mal, und sie taten ihnen gleich also. Zuletzt sandte er seinen SOHN zu ihnen und sprach: Sie werden sich vor meinem Sohn scheuen. Da aber die Weingärtner seinen Sohn sahen,
sprachen sie untereinander: Das ist der Erbe; kommt laßt uns ihn töten und sein Erbgut an uns bringen! Und sie nahmen ihn, stießen ihn zum Weinberg hinaus und töteten ihn. Wenn nun der Herr des
Weinbergs kommen wird, was wird er diesen Weingärtnern tun? Sie sprachen: „Er wird die Bösewichte übel umbringen und seinen Weinberg an andere Weingärtner („solche Leute“ b. Jüd.NT)
vergeben, die ihm Früchte zu rechter Zeit geben“ (s. Matth. 21/33-41).
Damit sollte aber die Geschichte, mit der Jesus in diesem Gleichnis von den bösen Arbeitern im Weinberg (Matth. 21/33-46) die Priester vor seinem
Tod am Kreuz konfrontierte, nicht zu Ende sein. Die Arbeiter im Weinberg sahen wie in einem Spiegel ihren eigenen Abgrund, aus Habgier, Hass und Rachegelüsten. Nicht der Hausvater, sondern die
Arbeiter sprachen schließlich ein Todesurteil in der Meinung, wenn der Weinberg keine Früchte bringt und auch noch der Liebste des Hausvaters, der Sohn getötet wurde, muss unausweichlich Schluss
sein! Andere Arbeiter müssen her. Welch ein Irrtum, wenn Christen deshalb meinen, damit seien auch die vielen Greueltaten an Juden zu begründen, und das Christentum alleine sei vor Gott an die
Stelle des Judentums getreten (Matth. 21/43).
Der Hausvater denkt und handelt aber vollkommen anders! Die Arbeiter haben sich ihr Urteil selbst gesprochen. Der Hausvater baut darauf, dass solche Menschen, die dem Auferstandenen Sohn Gottes
glauben, doch noch Früchte zur rechten Zeit hervorbringen werden. Zu diesen zählen heute u. a. auch Juden, z. B. messianische Juden. Der menschlichen Unbarmherzigkeit begegnet göttliche
Barmherzigkeit und Erlösung durch Jesus.
Gerade jenen, die noch „fruchtleer“ geblieben sind, gibt Jesus Hoffnung. Davon handelt ein weiteres Gleichnis vom Feigenbau, der im Weinberg steht, und keine Früchte bringt. Nach drei Jahren ohne
Früchte, will der Besitzer den Feigenbaum entfernen. Doch der Pächter erwirkt ein weiteres Gnadenjahr, in dem er noch einmal düngen und den Boden umgraben will, weil er die Hoffnung nicht
aufgibt 6(Luk. 13,6). Zu den Werkzeugen des Winzers gehört eben
nicht das Schwert, sondern Grabschaufel, Rebschere und der Erntekorb!
Jesus starb am Kreuz um die Arbeiter und uns von der Gottesferne und Fruchtlosigkeit zu befreien.
So können wir nur dankbar staunen, wie Jesus, „der wahre Weinstock“, durch seine Botschaft und Kraft bis heute und in Ewigkeit Früchte der Gerechtigkeit hervorbringt. Die gute Nachricht und ihre erlösende Kraft, blieben so nicht auf die kurze Lebensspanne des jüdischen Menschensohnes, Jesus von Nazareth, beschränkt, sondern sie bringen im Hier und Jetzt, in Seiner Gegenwart, durch IHN, durch das „Bleiben der Rebe an dem wahren Weinstock“, Früchte des Glaubens hervor.
Welches sind nun die Früchte des Glaubens? Der Apostel Paulus zählt sie auf:
„ Die Früchte des Geistes sind Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung
Im Blick auf Jesus, dem „wahren Weinstock“ ist zu erkennen, wie diese wahren Früchte des Lebens wachsen und reifen. Einen tiefen Blick gewährt Gerhard Tersteegen in seinem Werk, Weg der Wahrheit:
„Die wahre Klugheit oder vom Umgang mit Gott und sich selbst allein“ aus „ Weg der Wahrheit“
v. Gerhard Tersteegen (Auszug)
"Wer mit einem stillen und andächtigen Gemüt das Leben und Verhalten JESU CHRISTI von seiner Krippe an bis zu seinem Tod am Kreuz betrachtet, der wird die Fußtapfen zu unserer Nachfolge ganz deutlich und auf die vollkommenste Weise darin ein- und ausgedrückt finden. Wir wollen daher einiges hervorheben:
Der Heiland Jesus, der in dieser Welt wohl hätte ohne Sünde sein und dennoch in Ehre, Reichtum, Wollust und Freude leben können, hat solches alles dennoch, auch uns ein Vorbild zu geben, nicht haben wollen, sondern lieber Schmach, Armut und Kreuz erwählt (Hebr. 12,2). Er ließ dem Herodes und den Pharisäern ihren Staat, ihr Ansehen, ihre Schätze und Behaglichkeiten und lebte die meiste Zeit mit seinen geringen, verächtlichen Eltern in Nazareth, einem ganz verächtlichen und schlechten Ort, bei einer unansehnlichen Handarbeit, so ganz verborgen und stille, dass man kaum in der Welt gewusst oder gehört haben mag, dass zu Nazareth einer wäre, der Jesus hieße.
Er hätte in allen Stücken glänzend hervortreten können. Es fehlte ihm nicht an Verstand, Weisheit, Gaben und göttlicher Kraft. Er hätte von allen geistlichen und natürlichen Wissenschaften die vortrefflichsten Werke schreiben können, die alle Welt bewundert hätte und wodurch viel tausend Menschen nach unserm Urteil belehrt worden wären. Aber nein, er sollte und wollte so viel wie möglich seine Wunderwerke (Matth. 8,4; 9,30) seine göttliche Hoheit (Matth. 16,20) und Herrlichkeit (Matth. 17,9) verborgen zu halten und floh, wo und wenn er gelobt (Luk. 11,27.28) und geehrt wurde (Joh. 6,15).
Sein Leben hier auf Erden sah er an als einen Durchgang. Ich bin in die Welt gekommen, hieß es, wiederum verlasse ich die Welt und gehe zum Vater (Joh. 16,28). Alle seine Beschäftigung war nur, in dem zu sein, das seines Vaters ist (Luk.2,49), ohne sich zu bekümmern um fremde Dinge, wozu er nicht in der Welt war. Und gleichwie er in seinem kurzen öffentlichen Leben sich so oft dem Volke entriss, um im Geheimen zu beten und manchmal ganze Nächte in der Einsamkeit im Gebet Gottes (Luk.6,12) und wunderbaren familiären Umgang mit seinem himmlischen Vater zubrachte, so ist auch leicht anzunehmen, dass in seinem langen verborgenen Leben zu Nazareth dies nicht weniger sein liebstes und stetes Hauptwerk gewesen sein wird.
David und Petrus sagen uns, dass der Heiland sich beständig übte, in der Gegenwart Gottes zu wandeln und sich in seinem himmlischen Vater innigst zu freuen. So führen sie ihn selbst redend ein: Ich sehe den Herrn allezeit vor meinen Augen, denn er ist mir zur Rechten, darum werde ich nicht bewegt werden. Darum ist mein Herz fröhlich, und meine Zunge freuet sich usw. (Apg. 2,25.26). Und so ließ ihn sein Vater nicht allein, weil er sein Werk davon leiten ließ, IHM so nach den Augen zu sehen und allezeit das zu tun, was IHM gefällig war (Joh.8,29), in beständiger Ergebung seines Willens in den Willen des Vaters (Joh. 4,34; 6,38). Ja, aus Liebe zu IHM nahm er die allerbittersten Leiden willig und mit Freuden auf sich (Joh. 14,31).
Dabei ließ er die Schriftgelehrten und Pharisäer sich zanken über ihre besonderen Meinungen und sich schleppen mit ihren leiblichen Übungen und Menschensatzungen, lehrte sie dagegen mit Wort und Wandel das EINE, was Not war und woran es ihnen allen noch fehlte. Und gleichwie er sich nicht in die unnützen Streitfragen der Gelehrten seiner Zeit mischte, so ließ er sich auch in keine anderen Dinge ein, wozu er nicht gesandt war. Wer hat mich dazu gesetzt? (Luk. 12,14), war seine Antwort, wenn man ihn in fremde Händel ziehen wollte, obwohl er sonst umher ging und allen Gutes tat (Apg.10,38).
Jesus liebte einfältige, arme und verachtete Leute und ging gern mit ihnen um, wenn sie Verlangen zu Gott hatten. Er war in seiner Liebe unparteiisch (Joh.4). Das samaritische Weib war ihm ebenso lieb wie der Schriftgelehrte Nikodemus (Joh. 3), wie nicht weniger die, die ihm zurzeit noch nicht nachfolgten (Luk. 9,49.50). Er wollte nicht einmal über die Irrenden einen Eifer gestatten (Luk. 9,54), noch die größten offenbaren Sünder verurteilen (Joh. 8,11). Das e i n e Werk, wozu er gekommen war, betrachtete und übte er Tag und Nacht mit unermüdlichem Fleiß. Davon war sein Herz und Sinn so voll, dass das was er auch von äußerlichen Dingen sah oder hörte, ihn nur aufs Geistliche führte, dass er auch alsbald davon zu reden Anlass nahm (Joh. 4,10).
Wie nun sein Leben war, so war auch seine Lehre: Wir sollen allezeit wachen und beten (Luk. 18,1). Wir sollen ihm durch Verleugnung und tägliches Kreuz nachfolgen (Matth. 10,24), ohne uns viel um andere zu kümmern (Joh. 21,22). Eins nur sei Not (Luk 10,42). Außer dem hülfe alles dem Menschen nichts, wenn er gleich die ganze Welt gewönne (Matth. 16,26) usw.
Jesus Christus, der treue Hirte unserer Seele, der uns mit seinem teuren Blut ihm zum Eigentum erkauft hat, aber auch, indem er für uns gelitten uns ein Vorbild gegeben hat, dass wir seinen Fußtapfen nachfolgen sollen (1.Petr.2,21), der bewirkte in uns durch seinen Geist, dass auch der Sinn in uns sein möchte, der in Jesus Christus war (Phil. 2,5).Daß wir uns in gründlicher Absterbung ausleeren von aller Kreatur- und Selbstliebe, damit wir die wenigen Tage unserer Wallfahrt in wahrer Enthaltung von aller vergänglichen Lust zubringen. Dass wir der Sünde tot werden und fremd der Welt und uns selbst, ihm aber und der stillen Ewigkeit im Geist bekannt und vertraut. Und dass wir ihm so als Gäste und Fremdlinge mit geschlossenen Augen n a c h f o l g e n und mit ihm still fortwandeln möchten durch die Wüste dieser Welt bis in unser wahres und ewiges Vaterland.
Ja, Herr Jesus, bringe uns Verirrte und Verlorene so wieder zu dir (Klagel.5,31), dass wir wieder heimkommen! AMEN".