Martin Schleske hat das Verhalten des Judas auch “Gleichnis der Empörung“ genannt. Er schreibt: “Die Geschichte des Jesusjüngers Judas Iskariot liest sich wie ein „Gleichnis der Empörung“ über die (vermeintliche) Schwachheit der Gnade. Judas stößt sich an der Sanftmut Jesu. Er ist empört über das Böse, er sieht das Unkraut und hat das Jätmesser (gegen die Römer, gegen die Unmoral, überhaupt gegen alles Böse) längst in der Faust“.
Durch seinen Verrat will er Jesus zwingen sich durchzusetzen mit aller Kraft, die er ihm zutraut. Das Ende der römischen Besatzung und das angekündigte Reich Gottes und seine Gerechtigkeit sollten zu einem schnellen Erfolg geführt werden. So zeigte sich, dass die Empörung und das „Jätmesser“ aus der Quelle des frommen Fanatismus gespeist wurden. Fanatismus kennt weder Weisheit und Geduld noch Gnade. In der Geschichte des Christentums gab und gibt es dafür unzählige Beispiele.
„Judas erträgt nicht, dass die Gnade sich nicht über den hinwegsetzt, den sie beruft. Wir ahnen im Lebensgleichnis des Judas den Ursprung des Bösen, das nicht im Bösen „an sich“ besteht, sondern darin, aus der Berufungsgeschichte der Welt doch eine Unterwerfungsgeschichte zu machen – eine Unterwerfung unter das Gute. Der Fanatiker macht sich in all dem Guten, das er will, zum Judas, denn er geht über den Menschen hinweg und macht sich zum Anwalt Gottes und des Guten und damit zum Ankläger der Menschen – zum „Satan“ (Martin Schleske, der KLANG, Goldmann-Verlag).
Satan ist ein chaldäisch-aramäischer Begriff, von sata abgeleitet, was bedeutet: Jemand in die Irre führen, das Ziel verfehlen, ausrutschen, gleiten, täuschen (Errico, Es werde Licht, Verlag H.J. Maurer).